Die Bibliothek als Inbegriff für Bildung, Wissen, Diskurs, Neugierde, Ideenreichtum ist Gegenstand der neuen Arbeit von Claudia Märzendorfer, White Noise. Schon mehrfach hat sich die Künstlerin dieser „Einrichtung“ – in der Doppeldeutigkeit des Wortes als Institution und als Möblierung – gewidmet; die Installation eines konzeptuell wie formal speziell entwickelten Buchregals für das Stift Admont scheint demnach eine folgerichtige Konsequenz zu sein.
Was wäre das Buch der Bücher? steht als Frage und Ausgangspunkt der Überlegungen. Mit einer fast mathematischen Logik und Konsequenz folgert Claudia Märzendorfer, dass nur ein leeres weisses Buch zugleich die Summe der Inhalte aller Bücher repräsentieren kann. Hier steht die Leere aber nicht für das Nichts, oder gar als (noch) zu beschreibender Raum, sondern – wie der Begriff ‚white noise’ in der Akustik eben auch den ganzen hörbaren Frequenzbereich beschreibt – für alles. Rauschen.
So sind denn in dem hier aufgestellten Buchregal lauter leere Bücher zu finden, einzig mit einem Schutzumschlag, auf dem die Frequenzkurve für weisses Rauschen zu lesen ist, überzogen; aufgestellt oder liegend – die Stapel zeigen den BetrachterInnen jedenfalls immer jene vier verschiedenen Ansichten eines Buches, die es zu bieten hat (Deckel, Rücken, Schnitt oben und seitlich). Die Anordnung der Bücher folgt (im Gegensatz zu früheren, hiermit verwandten Arbeiten) keiner bestimmten Regel oder Codierung, ganz der Entleerung bzw. Aufhebung eines Inhaltes entsprechend.
Konzeptuell verdichtet sich alles in der formalen Gestaltung des Buchregals: In seinen Proportionen folgt es dem Goldenen Schnitt eines mittelalterlichen Satzspiegels. Der mit Büchern (=Text) gefüllte Bereich beschreibt exakt die Verhältnisse von Bundsteg zu Kopfsteg zu Außensteg zu Fußsteg einer aufgeschlagenen Doppelseite – daher auch das Leerfeld in der Mitte. Die Regalböden sind hier als Zeilenraster zu lesen, und die Bücher selbst entsprechen denselben Maßverhältnissen, sie sind nur entsprechend proportional verkleinert.
Man hat es hier also mit der idealen dreidimensionalen Darstellung einer Doppelseite eines Buches zu tun, wobei – um im Assoziatonsfeld von Text / Buch / Bibliothek zu bleiben – die „Sprache“, die diese Idee vermittelt, wiederum Buchobjekte sind.