Schneemann, schwarz

Märzendorfer stellt Objekte aus gefrorenem Wasser oder Tinte her: ephemere Plastiken, deren Zerfallsprozess mit dem Zeitpunkt ihrer Präsentation einsetzt. Die Eisarbeiten sind eine „Anti-Idee“ zur Skulptur, als Inbegriff des für die Ewigkeit geschaffenen, eingefrorenen dreidimensionalen Bildes. CM setzt Bilder in Bewegung und schafft Situationen, die dank ihrer Instabilität Momente der Überraschung in sich bergen.

Die elfte Eisarbeit in Märzendorfers catalogue raisonne oder besser gesagt vielleicht Schneeplastik- Schneemann, schwarz- wird hinsichtlich ihrer Form und ihres Aggregatszustands transformiert. Ein Schneemann, klassisch aus drei Teilen und mit Tinte eingefärbt, löst sich im Rahmen der Ausstellungseröffnung auf. Die Künstlerin versteht die an sich simple Gestalt (grafisch gesehen aus drei Kreisen, räumlich aus drei Kugeln, wie auch die dazu entstandenen Malereien zeigen), als Popfigur und vom Aussterben bedroht, verbindet doch diese vereinfacht menschliche Figur ein Abbild der brennenden sozialen und ökologischen Probleme in sich.
Der Schneemann wirkt deplatziert, nicht nur wegen der Jahreszeit und seiner Aufstellung im Innenraum, auch seine schwarze Farbe passt nicht ins gewohnte Bild.

Übrig bleibt die schmale Transportkiste, in der sich das Tintenwasser sammelt und eine plane Fläche im Raum bildet, so als könnte man den Schneemann -oder was davon über ist- mitnehmen, lagern oder sogar kaufen.
Die Flüssigkeit glänzt schwarz, ihre Oberfläche reflektiert wie ein Spiegel, im Sinne der politischen Situation birgt auch das plane Bild am Boden im Rahmen der Box eine Verschmelzung der sozialen und ökonomischen Situation.
Mit der im Becken der Kiste verbliebenen Tinte des Schneemanns könnte man aber auch viele Geschichten schreiben, könnte damit Bücher füllen, wie etwa die leeren Seiten der eigenwillig in einem Regal gestapelten schwarzen Bücher bei „a matter of form“.