Claudia Märzendorfer
Raspberry
Kunst im öffentlichen Raum – Haus des Lebens, Ybbsitz
Ausgangssituation
Bereits seit dem 12. Jahrhundert ist die an der niederösterreichischen Eisenstraße gelegene Gemeinde Ybbsitz ein Ort der Schmiede. Dank ihrer topographischen Lage an drei Bächen und umgeben von Wald war die Versorgung mit der für die Metallbearbeitung notwendigen Wasserkraft und Holzkohle stets garantiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ließen sich hier erste Metallindustriebetriebe nieder.
Bis heute spielen Schmiedehandwerk und Metallbearbeitung eine wirtschaftliche und vor allem identitätsstiftende Rolle in der Gemeinde. Mit der Vermittlung von Wissen rund um das Thema Metallbearbeitung und Handwerkstradition hat sich Ybbsitz in jüngster Zeit auch als Ort der Begegnung etabliert. Als elementare Voraussetzung für die Bearbeitung von Eisen spielt Feuer eine bedeutende Rolle für die Gemeinde.
Idee
Sieben bunte Fahnen ragen hoch über das neu errichtete Gebäude „Haus des Lebens“ in Ybbsitz hinaus. In den Farben des Feuers gehalten bilden die Fahnen ein weithin sichtbares Zeichen. Zugleich markieren die in denselben Farben lackierten Fahnenmasten den neu geschaffenen Platz und stellen eine Balance mit dem am Marktplatz gelegenen Brunnen her. Ohne Wappen und Symbolen sind die monochrom gefärbten Flaggen zunächst frei von Zuschreibungen und signalisieren Offenheit und Vielfalt, ihre Bewegung steht für Lebendigkeit. Dies sind elementare Voraussetzungen für ein gutes Miteinander, das Ybbsitz als „Ort der Begegnung“ verkörpert und wie man so sagt, sich „an die Fahnen“ heftet. Die bunt lackierten Maststangen unterstreichen die Attraktivität des neuen Platzes als Ort des Versammelns.
Die im Wind wehenden Stoffbahnen lassen im Zusammenspiel an ein loderndes Feuer denken. Die stetige, fließende Bewegung der Fahnen erinnert an flackernde Flammen und so verfehlt selbst die künstlerisch abstrahierte Repräsentation eines Feuers nicht die beruhigende Wirkung, die sich auch einstellt, wenn man in die lodernden Flammen eines Lagerfeuers starrt.
Im Theater sind von unten mit Luft in Bewegung versetzte Tücher eine bewährte und beliebte Methode um Feuer darzustellen. Theaterfeuer. Im Theater greift man überhaupt oft und gern auf Tricks zurück die helfen eine Illusion zu erwecken. Beispielsweise Rhabarber: Von Statisten mehrmals hintereinander gesprochen, wirkt Rhabarber Rhabarber Rhabarber wie ein fernes Stimmengemurmel. Das funktioniert auch im Englischen: rhubarbrhubarbrhubarb… und erfüllt dort ebenso wie hierzulande am Theater diesen Zweck.
Das Geräusch, das die im Wind bewegten Fahnen erzeugen entspricht dem Knistern von brennendem Holz. Möglicherweise könnte man auf der Bühne dieses Geräusch durch die mehrmalige Wiederholung des Wortes rrrasberrry rrrasberrry rrrasberrry mit rollendem r und zischendem s imitieren? Jedenfalls überlagern sich die Klänge der wehenden Fahnen und des nebenan plätschernden Pollingbachs und bilden einen eigenen Live-Soundtrack.
Die titelgebende Rasberry ist auch die Bezeichnung einer der für Fahnen und Fahnenmasten gewählten Rottöne, nebst strawberry, citron, orange … rosa, weiß und schwarz. Schwarz wie Kohle und wie Ruß.
Umsetzung
Alle sieben Fahnen haben eine Länge von 6 m, variieren aber in ihrer Breite zwischen 100 und 200 cm. Die obere Stoffbreite ist am Ende der Fahnenmasten montiert. Der gewählte Stoff ist für den vorgesehenen Zweck geeignet, d.h. riß- und wetterfest.
Eine zweite Garnitur zum Wechseln wird mitgeliefert.
Fahne und Fahnenmast sind jeweils in derselben Farbe lackiert.
Die Fahnenmasten sollen in Zusammenarbeit mit einer der ortsansässigen Schmieden / Schlossereibetriebe produziert werden. Durch die Einbindung eines solchen Handwerksbetriebs hat man die Möglichkeit einer individuellen, für die künstlerische Arbeit „maßgeschneiderten“ Gestaltung, die sich von industriell gefertigten Fahnenstangen abheben. Die Masten sind 13 bis 15 m hoch und überragen somit das „Haus des Lebens“ um gut einen Meter. Sie sind direkt, ohne Sockel, im Boden verankert und auf einer Fläche von mind. 6 m2 unregelmäßig angeordnet.
Die finale Anordnung wird mit der Kommune abgestimmt, gegebenenfalls kann auch die Anzahl der Fahnen adaptiert werden. Es sollten jedoch mind. sieben Fahnen sein, wie im Projektvorschlag.